Weihnachten anno dazumal: Als das Christkind am 25. Dezember kam

Es ist Heiligabend. Üppig geschmückt ist der große Baum, der bis unter die Decke reicht. Viele Lichtlein lassen ihn erstrahlen. Im Wohnzimmer, auch wenn das nicht klein ist, ist es derweil etwas eng geworden. Große und kleine Geschenke, hübsch verpackt und mit riesigen Schleifen, Dekosternen und Tannengrün verziert, stapeln sich dort. Die Teller sind reich gefüllt mit bunten Plätzchen, Pralinen und feinster Schokolade. Und aus der Küche duftet es herrlich. Seit geraumer Zeit ist die Weihnachtsgans, die es auf einige stattliche Pfunde bringt, im Ofen. Alle sind in Feststimmung.

Vor 100 Jahren wurde im Eichsfeld das Fest anders gefeiert, nicht wie heute, ohne Konsumrausch. Doch an den Christtagen sind die Menschen wohl auch glücklicher als sonst. Die Tage sind geprägt von schwerer Arbeit. Weihnachten ist es anders, auch wenn Heiligabend, oder besser gesagt der Tag, einer der Vorbereitungen ist. Viel gibt es zu tun, und alle helfen mit. Die gute Stube, die nur Weihnachten und zu besonderen Anlässen genutzt wird, muss geschrubbt, Holz für den Kachelofen hereingeholt werden.

Ganz aufgeregt wuselt die große Kinderschar umher. Schließlich kommt das Christkind – aber nicht wie heute am Heiligabend. An dem werden erwartungsvoll die Teller auf das Fensterbrett gestellt, das einen kleinen Spalt offen bleiben muss, denn irgendwie muss das Christkind ja in die gute Stube der Eichsfelder kommen.

Echte Kerzen, Kugeln und etwas Backwerk am Baum Die Vorfreude ist groß. Das kleine Bäumchen ist bereits aufgestellt. Die Wachskerzen – manchmal an selbst gefertigten Drahtspiralen und mit ein paar Tröpfchen Wachs festgemacht, sitzen auf den Zweigen. Wenn sie entzündet werden, bekommt auch die kleinste Stube einen Glanz und ist auf einmal groß und prächtig. Das Bäumchen hat seinen Platz auf einem Tischchen bekommen, in der Ecke neben dem Fenster zur Straße. Kleine Kugeln hängt der Vater auf, dazu etwas Backwerk. Und ganz fasziniert sind die Kinder von den vergoldeten Nüssen.

Schon ist es Abend geworden im Eichsfeld. Bescherung gibt es jetzt nicht. Da müssen sich die Mädchen und Jungen noch gedulden. Müde und aufgeregt geht es ins Bett – doch nicht, ohne noch einmal einen heimlichen Blick in die Stube geworfen und geschaut zu haben, ob auch niemand das Fenster geschlossen hat. Noch einmal in das gute Zimmer geht auch die Mutter und hängt an den Baum Zuckerwerk. Die Kinder lieben es. Mitgebracht hat es der Vater, der in einer der entfernten Zuckerfabriken arbeitet.

Dann heißt es schlafen, denn am Morgen geht es früh raus. Schnell vergeht die Nacht. Die Glocken rufen zur Christmette, um 5 Uhr. Alle eilen zur Kirche und warten auf die Ankunft des Erlösers. Endlich ist wirklich Weihnachten, das Jesuskind im Stall von Bethlehem geboren. Gott ist Mensch geworden, der Ewige kommt in die Zeitlichkeit. Und nun ist er auch in den Häusern im Eichsfeld angekommen. In der Kirche gibt es eine Krippe, ab 1900 halten diese auch in den Haushalten langsam Einzug. Die Christmette ist festlich, dann geht es nach Hause. Geduldig haben die Kinder auf diesen Moment gewartet. Die Tür zur Festtagsstube wird geöffnet, am Bäumchen brennen die Kerzen. Kinderaugen leuchten. Und alle bestaunen die Pracht. Doch noch einen Moment müssen die Kleinen warten. Vor der Bescherung wird das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ gesungen – voller Inbrunst.

Die Mädchen und Jungen, die bevor sie alltags zur Schule gehen die Messe besucht haben, kennen alle Strophen. Dann ist es so weit. Nach den heimlich erhaschten Blicken dürfen sie sich nun ihren Gaben zuwenden. Äpfel, Nüsse und Zuckerplätzchen liegen auf den Tellern. Und manchmal ernüchternd und dem Alltag geschuldet, gibt es einen Griffel für die Schule oder eine Tafel, warme Handschuhe oder eine Mütze, für die Mädchen farbige Haarbänder und vielleicht auch eine schön gemusterte Schürze. Spielzeug ist im Eichsfeld noch die Ausnahme, denkt man an Tröte oder Schaukelpferd.

Die Freude ist groß. Und am zweiten Christtag werden ja noch die Taufpaten besucht. Jetzt aber wird Kaffee getrunken, werden Kuchen, Christwecke, der symbolisch als Teig übereinander geschlagen an die Windeln des Kindes im Stall erinnern sollte, und Plätzchen gegessen. Es ist noch früh und bis zum Mittagessen noch lange hin. Auch da war es eher spartanisch, wurde gegessen, was man vom Hausschlachten hatte und eingekocht war. Es schmeckte allen und noch ein bisschen mehr. Sigrid Aschoff / 24.12.18 

Rita Roth, Erich Köhler, Monika Köhler, die sechsjährigen Zwillinge Ida und Jan Hackethal , Beate Hacketal und Manfred Groß (von links) stellen in der Uderaner Heimatstube nach, wie Weihnachten vor 100 Jahren in einem ganz normalen Eichsfelder Haushalt gefeiert wurde. Foto: Eckhard Jüngel


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