Informationen zum Thema Straßenausbaubeiträge vom Bürgermeister Gerhard Martin

Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer e.V. hatte per Postwurfsendung zu einem Informationsabend zur Bildung einer Prozessgemeinschaft gegen die Erhebung der Straßenausbaubeiträge eingeladen. Am 23. November 2017 waren ca. 50 Einwohnerinnen und Einwohner dieser Einladung in die Gaststätte Riedelsburg gefolgt.

Ich habe dort die Gelegenheit genutzt, meine Gedanken und Argumente vorzutragen, die ein wenig Verständnis für das Handeln der Gemeinde verdeutlichen sollten. Meine Ausführungen dazu möchte ich gern Interessierten über unseren Internetauftritt zur Kenntnis bringen:

  1. Von einer laufenden Steuereinnahme der Gemeinde kann beim besten Willen keine Rede sein: Die Gemeinde Uder hat bisher seit 2004, also in 12 Jahren, insgesamt 4-mal Beiträge erhoben. Wir haben uns bereits am 30. September 2002, nach einem rechtsaufsichtlichen Bescheid durch die Kommunalaufsicht für die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen entschieden und eine entsprechende Satzung verabschiedet. Im Jahr 2004 wurden erstmalig Beiträge für Maßnahmen der Jahre 2002, 2003 und 2004 erhoben und beliefen sich auf 42 Cent/pro m² gewichtete Grundstücksfläche. Im Jahr 2009 wurde zum zweiten Mal erhoben und dabei die Maßnahmen von 2004 bis 2009 eingerechnet. Insgesamt beliefen sich diese auf 47 Cent/pro m² gewichtete Grundstücksfläche. Im Jahr 2013 wurde die Kirchgasse beitragspflichtig und so schlug mit 11 Cent zu Buche. Dann wurde vom Thüringer Landtag das Gesetz zur Erhebung Rückwirkender Beiträge erlassen und was Gesetz ist, ist nach wie vor noch Gesetz. Wir konnten es umsetzen, oder unseren Hut nehmen. Wir haben aber versucht, es so günstig wie nur möglich zu gestalten, haben auch erst die Maßnahmen ab dem Jahr 1994 angerechnet und sind dabei auf eine Summe von 73 Cent/pro m² gewichtete Grundstücksfläche gekommen. Der Gemeinderat hatte sich seinerzeit entschieden, diese Summe in zwei Raten zu erheben und deshalb sind 2012 einmal 50 Cent und eben in den letzten Wochen 23 Cent beitragspflichtig geworden.
  2. Wir haben die Straßenausbaubeiträge nicht erfunden und wir können sie auch nicht abschaffen. Dafür ist der Gesetzgeber zuständig. Aber das Bundesverfassungsgericht hat am 25. Juni 2014 unter der Nr. BvR 668/10 und BvR 2104/10 entschieden: Die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge ist bei konkret-individueller Zurechnung eines Sondervorteils zulässig. Aktuell gibt es den Fall der Stadt Hohenbrunn in Bayern. Der dortige Stadtrat hatte 2013 entschieden, die Straßenausbaubeitragssatzung aufzuheben. Das zuständige Landratsamt hatte dies mit der Bemerkung beanstandet, die Gemeinden wären zur Erhebung verpflichtet. Am 9. November 2016 hat nun der Verwaltungsgerichtshof in Bayern diese Entscheidung des Landratsamtes bestätigt!
  3. Wir haben als Gemeinde bereits vor 4 Jahren einer Prozessgemeinschaft zugestimmt und würden dies auch wieder tun. Ich weiß nur nicht, warum eine neue Gemeinschaft gegründet werden soll, wo doch der Rechtsstreit aus dem Jahr 2012 noch anhängig und offen ist. 4. Ich kann nicht erkennen, das eine Prozessgemeinschaft wiederkehrende Straßenausbaubeiträge abwehren kann. Dies ist ausschließlich Sache des Gesetzgebers bzw. der Gerichte.
  4. Wir sind als Gemeinde an Gesetze gebunden und halten uns auch daran. Der Klageweg steht jedem offen und da sind wir auch ganz entspannt.
  5. Das Risiko einer Klage haben in Uder 5 Grundstückseigentümer getragen und ein Kläger hat jetzt von sich aus den Rechtsstreit beendet. Es ist also kein Alleinstellungsanspruch des Verbandes. Und meine Erfahrung ist, dass wir von dem RA, der die anderen Kläger vertritt, wesentlich fundierte Schriftstücke bekommen.
  6. Jetzt komme ich zu meiner Aussage vom Beginn. Die Prozessgemeinschaft hat 2015 bereits einen ersten Erfolg erzielt, steht hier. Die damalige Satzung der Gemeinde wurde durch das Gericht beanstandet und die Bescheide aufgehoben. Die Gemeinde hat daraufhin die Beiträge zurückgezahlt. Das stimmt. Wenn man aber seriös und ehrlich miteinander umgehen möchte, hätte folgender Satz angefügt werden müssen: Nachdem die Gemeinde Uder per Beschluss des Gemeinderates den Formfehler behoben hat, wurden unsere Mitglieder wieder zur Zahlung der Beiträge verpflichtet und diese wurden wieder eingefordert. Es gab sogar Mitglieder, die haben sich die Summe nicht auszahlen lassen, sondern sie gleich bei der Gemeinde belassen.
  7. Die Gemeinde hat keine neue Satzung für die nun eingeforderten 23 Cent erhoben, sondern lediglich die 2. Rate für die Erhebung der rückwirkenden Beiträge eingefordert. Und dies hat auch wieder gesetzliche Grundlagen. Ich bedaure es selber, dass der laufende Prozess noch nicht entschieden ist, dann hätten wir vielleicht Klarheit. Aber so bin ich gezwungen, nach 4 Jahren die Beiträge, die der Gemeinde zustehen auch einzufordern. Ansonsten würde die Forderung verjähren und der Bürgermeister könnte dafür rechtlich herangezogen werden, da er einen finanziellen Nachteil der Gemeinde zugelassen hat. Ich bin vielleicht ein bisschen blauäugig, aber nicht verrückt.
  8. Den politischen Druck dieser Prozessgemeinschaft richten sie bitte dorthin, wo er was erreichen kann, an den Gesetzgeber. Es ist nicht einer Kommunen und ihnen auch nicht gelungen, Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Der Berliner Senat, also der Landesgesetzgeber hat am 6. März 2012 die Aufhebung der bisherigen Satzung beschlossen.

Lassen Sie mich aber noch ein paar weitere Anmerkungen machen. Die Gemeinde Uder hat sich in den Jahren nach der Wende sehr schön entwickelt. Seit 2004 darf ich als Bürgermeister dazu ein wenig beitragen und mir macht es auch Freude. Wir haben in den zurückliegenden Jahren über 1 Mill. Verbindlichkeiten abgetragen und trotzdem das Gemeindehaus Riedelsburg gebaut, den Park gestaltet, die Kindergärten und Sportanlagen saniert, neue Wohngebiete geschaffen und somit Stück für Stück eine Infrastruktur geschaffen, um die wir beneidet werden und die immer mehr junge Familien veranlasst, bei uns heimisch zu werden. Hatten wir als Gemeinde 2004 noch Schulden in Höhe von 546 €/Einwohner, so sind diese im Jahr 2010 auf 355 €/Einwohner verringert worden. Unser Ziel war es, einmal unter die Grenze von 150 €/Einwohner zu kommen und dieses haben wir mit 124 €/Einwohner in diesem Jahr erreicht. Ich sage Ihnen, warum dies zu wichtig ist:

Im Paragraph 7 des Thüringer Kommunalabgabengesetz ist geregelt:

(4a) Die Straßenausbaubeitragssatzung kann für das gesamte Gemeindegebiet eine über den Vorteil der Allgemeinheit hinausgehende Eigenbeteiligung der Gemeinde vorsehen, wenn

  1. die Gemeinde einschließlich ihrer Eigenbetriebe keine Geldschulden hat oder der Schuldenstand der Gemeinde einschließlich ihrer Eigenbetriebe zum 31. Dezember des Vorjahres höchstens 150 Euro je Einwohner der Gemeinde betragen hat,
  2. die Gemeinde bislang keine Bedarfszuweisungen in Anspruch genommen hat und auch bei Erhöhung des Gemeindeanteils keine Bedarfszuweisungen benötigt,

Das hat den Vorteil, dass wir zwar nicht die Straßenausbaubeiträge ganz abschaffen können, aber wesentlich reduzieren und zwar für Straßen, die

1. überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, 80 vom Hundert,

2. überwiegend dem innerörtlichen Durchgangsverkehr dienen, 85 vom Hundert und

3. überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr dienen, 90 vom Hundert

Bleiben wir bei praktischen Beispielen. Wir haben in Uder ja lediglich noch die Mittelste Binde, und wenn sie mal kommt, noch die Schmiedegasse und dort auch nur die Gehwege umzulegen. Die Mittelste Binde ist bereits grundhaft ausgebaut und nach aktuellem Stand müssten wir 9 Cent/pro m² gewichtete Grundstücksfläche erheben. Jetzt, nachdem wir unser Sparziel erreicht haben, sind es zwischen 2 und 3 Cent/pro m² gewichtete Grundstücksfläche.

Wenn Sie mitgerechnet haben, hat die Gemeinde Uder mit den aktuellen 23 Cent dann insgesamt 1,73 €/pro m² gewichtete Grundstücksfläche von den Grundstückeigentümern verlangt. Zum Vergleich unseren Ortsteil Schönau. Sie haben darauf bestanden, eine eigene Abrechnungseinheit zu bilden und wollten für die Baumaßnahmen in Uder nicht finanziell herangezogen werden. Sie haben also ihre Straßen selbst bezahlt und zwar in zwei Raten:

2009 waren 1,42 €/pro m² gewichtete Grundstücksfläche und 2011 2,51 €/pro m²! Zusammen also 3,93 €/pro m² gewichtete Grundstücksfläche!

Ohne Widersprüche oder langwierige Gerichtsprozesse. Noch eine Zahl: In Lenterode liegen die Grundstückseigentümer im Moment bei einer Belastung von 2,46 €/pro m²gewichtete Grundstücksfläche.

Und zum Vergleich, wenn sich die Gemeinde nicht für wiederkehrende Beiträge, sondern für die Einmalzahlung der Anlieger entschieden hätte: Die Baumaßnahmen aus der Erhebung von 2004 würde für die Anlieger z.B. im Pfützenrasen oder Lehmkuhle bei 8,21 € liegen.

Ich komme zu Schluss. Liebe Grundstückseigentümer, bedenken Sie ihre Entscheidung reiflich. Bisher hat weder die Gemeinde noch die Prozessbeteiligten profitiert, sondern nur die Rechtsanwälte. Es ist ihr gutes Recht, sich gegen Entscheidungen der Gemeinde zu Wehr zu setzen. Ich würde mich aber freuen, wenn Sie kein Mitglied der Prozessgemeinschaft, sondern Teil der übergroßen Solidargemeinschaft der Iderschen bleiben würden. Ich danke für die Aufmerksamkeit und lassen Sie zu ihren Beratungen nun allein.

Gerhard Martin

Bürgermeister


Gemeinde Uder
Bürgermeister: Gerhard Martin

Siedlung 14
37318 Uder

Tel.: 036083 480-0
Fax: 036083 480-24

E-Mail: info@gemeinde-uder.de
Internet: www.gemeinde-uder.de
Sprechzeiten Bürgermeister
Knorrsches Haus
Kirchgasse 4

dienstags von 17:00 - 19:00 Uhr
Gemeinde Uder
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