Uderanerin ist 97 Jahre alt und hat die großen Jahrfeiern selbst miterlebt

Uder (Eichsfeld). Für Elisabeth Durstewitz aus Uder wird es am Sonntag einen fest reservierten Platz geben. Die 97-jährige Dame wird in der Ehrenkutsche beim großen Festumzug zur 925-Jahr-Feier in Uder dabei sein. 

 Elisabeth Durstewitz ist mit ihren 97 Jahren die zweitälteste Einwohnerin von Uder und erinnert sich an die Feiern vor 25 und 50 Jahren, Sonntag wird sie in der Ehrenkutsche Platz nehmen. Foto: Silvana Tismer 

Erst hatte sie abgewunken: "Ich kann da auch mitlaufen." Doch das Festkomitee ließ sich nicht erweichen. Schließlich ist sie die zweitälteste Einwohnerin in der Gemeinde, darum muss sie in der Kutsche Platz nehmen. Im Jahr 1953 ist Elisabeth Durstewitz nach Uder gezogen. Sie stammt eigentlich aus Birkenfelde. 1916 geboren, hat sie sogar noch, wenn auch in ihrer Erinnerung nicht mehr präsent, die Kaiserzeit erlebt. "Wenn man so viele Jahre auf der Welt ist, sieht man viel Böses, aber auch viel Gutes", sagt sie. 

Jeder legte nach dem Krieg mit Hand an

Zur 875-Jahr-Feier 1964 schaffte es die Gemeinde, einen Umzug mit 75 Bildern und 545 Mitwirkenden auf die Beine zu stellen. 

Sie hat Evakuierungen mitgemacht, gesehen, welches Leid die Flüchtlinge ertragen mussten, aber auch die Wende erlebt. Besonders aufmerksam hat sie die Entwicklung Uders mit verfolgt. Heute kann sie gar nicht sagen, was sie in ihrem Ort am schönsten findet. "Es ist alles so schön geworden, kein Vergleich zu früher." Rund um ihr Haus in der Straße der Einheit gleich neben der evangelischen Kirche gab es Gräben. 

Eigenhändig haben sie und ihr Ehemann damals Bohlen gelegt, um überhaupt zur Tür heraus zu kommen. "Und die Kinder sahen immer aus wie die Ferkel, wenn sie aus der Schule kamen", sagt sie lächelnd. Eines ihrer Kinder ist Altpropst Heinz-Josef Durste¬witz, der lange im Eichsfeld wirkte. Als seine Mutter in der benachbarten evangelischen Kirche die Küsterdienste versah und die Glocken noch per Hand mit dem Seil läutete, sagte er nur: "Weiter so. Damit tust du Gutes." Und das tat sie, nicht nur in der kleinen Kirche, sondern auch in der Nachbarschaft, als junge Frauen im Zweiten Weltkrieg ihre Männer verloren hatten und allein waren. 

Elisabeth Durstewitz hat die Festschriften aufbewahrt. Ab und zu blättert die Familie in ihnen, um sich zu informieren. Tochter Monika Schweißhelm war auch zur gerade laufenden 925-Jahr-Feier in die Aufarbeitung der Dorfchronik mit eingebunden. Im Jahr 1939 hat es wohl keine 850-Jahr-Feier gegeben. Möglich sei es, dass einerseits kein Interesse der Bürger bestand, andererseits auch das nationalsozialistische Regime solche Feierlichkeiten nicht gerade förderte. 

Das war 1964 schon ganz anders. Der Krieg war erst 19 Jahre vorbei. Gerade hatte der wirtschaftliche Aufschwung auch im Eichsfeld etwas eingesetzt, es bildete sich ein Festkomitee, das eine Menge Zeit aufwandte, um die Ersterwähnung im Jahr 1089 angemessen zu feiern. Und diese Stimmung habe auch auf die Bürger übergegriffen. Jeder legte im Rahmen seiner Möglichkeiten Hand an, es wurden Zäune und Häuser gestrichen, in der Festwoche - das ist bis heute so - waren alle Straßen mit Girlanden geschmückt. Und der Festumzug umfasste sage und schreibe 75 Bilder mit insgesamt 545 Mitwirkenden. 

Blaskapellen begleiteten den Festzug, sogar Turner führten während des Umzuges an Barren Übungen vor. Elisabeth Durstewitz muss bei der Erinnerung schmunzeln. Doch im Jahr 1989 zur 900-Jahr-Feier setzten die Einwohner neue Maßstäbe. "Der Bischof Joachim Wanke - damals noch ganz jung und mit dunklem Haar - wurde am Ortseingang mit einer Kutsche abgeholt", erzählt die alte Dame. Und schon von Heiligenstadt aus fuhren Wartburgs, Ladas und Trabis im Konvoi mit den Kirchen- und Vereinsfahnen. 

Aber damals, so erinnert sich Elisabeth Durstewitz, gab es nicht nur Feierlichkeiten in der Festwoche, sondern das gesamte Jahr über. Nur wenige Tage vor dem großen Ereignis wurden zum Beispiel die neuen Bronzeglocken für die Kirche St. Jakobus der Ältere von Propst Paul Kockelmann feierlich geweiht. "Und beim Festgottesdienst mit dem Bischof zur Jahrfeier war die Kirche überfüllt", erinnert sich die Uderanerin. Insgesamt, so berichtet auch die Chronik, wurden bei den über 30 Veranstaltungen nur in der Festwoche 50.000 Besucher gezählt. 

Den Festumzug wollten ebenfalls tausende Menschen sehen, die aus allen Richtungen nach Uder kamen. 51 Bilder waren es, denn der Marschblock Grenztruppen der DDR und Sowjetunion hatte kurzfristig abgesagt. Wie schon 25 Jahre zuvor und 25 Jahre danach zogen sich kilometerweit die Wimpelketten und Girlanden durch den Ort. In der Festhalle war Platz für 1500 Menschen. "Die Farbfotos von 1989 hätten wir heute nicht in unserem Album, wenn wir nicht ausgerechnet zur Feier Westbesuch gehabt hätten..." 

Elisabeth Durstewitz ist dankbar, dass sie die Wende und den äußerlichen Wandel der Gemeinde erleben durfte. "Ich danke dem Herrgott jeden Tag dafür." Ab und zu unternimmt sie sogar Spaziergänge und Wanderungen durch und um die Gemeinde. "Das Laufen klappt noch tadellos, nur die Augen und Ohren wollen nicht mehr so richtig." Aber das ist kein Problem, so lange sie Begleitung hat, die sich einfach bei ihr einhakt. Und sie genießt es zu sehen, wie fleißig die Bewohner ihren Ort immer schöner gestalten. 

Silvana Tismer / 27.07.14 / TLZ 


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