Dingelstädter besitzt 120 Jahre altes handgeschriebenes Kochbuch aus Uder

Dingelstädt (Eichsfeld). Gestochen steht die alte Sütterlin-Schrift auf den Linien des brüchigen Buches. Etwa 120 Jahre, wenn nicht mehr, hat das handgeschriebene Büchlein mit seinen 115 Seiten auf dem Einband. Franz-Josef Kirchberg aus Dingelstädt, ehemaliger Obermeister der Fleischerinnung, hütet das Buch wie einen Schatz. 

 Franz-Josef Kirchberg aus Dingelstädt hütet ein Uderaner Kochbuch und zahlreiche historische Innungsunterlagen in Dingelstädt. Sein Stammbaum ist fast eineinhalb Meter lang. Foto: Silvana Tismer 

Entstanden ist das Kochbuch mit den zahlreichen handgeschriebenen Rezepten in Uder. "Als ich in der Zeitung las, dass zur 925-Jahr-Feier in Uder ein neues Rezeptbuch vorgestellt wurde, holte ich das alte wieder einmal heraus." Denn es ist eng mit seiner Familie verbunden. Franz-Josef Kirchbergs Familienstammbaum geht bis auf das Jahr 1657 zurück. Und mitten drin findet sich der Eintrag: "Philipp Kirchberg 1845-1906." 

Alte Rezepte in echten Größenordnungen

"Er war ein Vetter, heute würde man sagen ,Cousin, meines Großvaters. Er war Pfarrer in Uder", erklärt Kirchberg. Und neben Philipp findet sich auch dessen Schwester Dorothea Kirchberg. Geboren 1854, führte sie ihrem Bruder den Haushalt in Geisleden. Sie war es, wie der Titelei zu entnehmen ist, die das Kochbuch schrieb, Rezepte sammelte, sogar ein Inhaltsverzeichnis anlegte, so dass jedes Rezept ganz schnell zu finden ist. Damals war es üblich, dass junge Frauen die Rezepte ihrer Mütter, Großmütter oder Tanten in ein eigenes Buch übertrugen. 

Aber das Dingelstädter beziehungsweise Uderaner Kochbuch ist doch etwas außergewöhnliches. Denn die zahlreichen Rezepte sind nicht für die allgemein üblichen zwei bis vier Personen ausgelegt, sondern für mindestens acht, meist zwölf, sogar für 24 Personen. Franz-Josef Kirchberg vermutet, dass das Büchlein während Dorotheas Zeit als Pfarrhaushälterin entstanden sein muss und die Haushälterin oft größere Gesellschaften bekochen musste oder kirchliche Feste vorbereitete. 

Was Kirchberg als Fleischermeister besonders freut, ist, dass fast zwei Drittel der alten Rezepte Fleischgerichte sind. "Meine Frau kann etwas Sütterlin, wir versuchen ab und zu, die Rezepte zu entziffern", sagt er. Eines oder zwei hat das Paar schon einmal nachgekocht. "Es schmeckte wirklich gut", muss Kirchberg lachen. "Schauen Sie mal: Das sind Mengenangaben, mit denen man etwas anfangen kann", meint er schmunzelnd und zeigt auf den Beginn eines Rezeptes: "Eine Kalbskeule von 12 Pfund reicht für 24 Personen." 

Zahlreiche Anleitungen zur Zubereitung von Schwein, Huhn, Rind, Lamm, aber auch Fisch und sogar für Mixed-Pickels sind in dem Kochbuch, das wahrscheinlich unzählige Male benutzt wurde, nachzulesen. Aus der Hand geben will Franz-Josef Kirchberg das Büchlein auf keinen Fall, doch falls jemand auf de Suche nach alten Kochanleitung mit natürlichen Zutaten ist, darf derjenige natürlich gern mit ihm Kontakt aufnehmen. 

Innungsstatut aus dem Jahr 1885

Aber das ist nicht der einzige historische Schatz, den Franz-Josef Kirchberg hütet. Er holt zwei kleine, aber schwere Kartons aus stabiler Pappe. In ihnen sind Stammkundenausweise aus den frühen 60er Jahren dicht an dicht gesammelt. "Die hat der Rat des Kreises ausgestellt", erklärt Kirchberg. "Es wurde immer verzeichnet, wie viel Gramm oder Kilogramm Fleisch die Leute bekommen durften." 

Auch die amtlichen Schreiben des damaligen Rates des Kreises hat der Fleischermeister aufgehoben, zum Beispiel das, in dem steht, dass die Gießer der "DIMA" bevorzugt werden sollten. Aber auch Listen gab es, welche Familien gerade ein Schwein geschlachtet hatten. "Diejenigen durften drei Monate lang kein Fleisch einkaufen." Die Fleischer wurden schriftlich informiert, an wen sie nichts abgeben durften. 

Franz-Josef Kirchberg, der selbst seine Meisterprüfung 1958 abgelegt hat, zieht nun ganz alte Schätze hervor. Er besitzt ein Exemplar des Statutes der Eichsfelder Fleischer- und Conditoreninnung aus dem Jahr 1885, daneben legt er ein Kassenbuch der Innung, das im Jahr 1859 beginnt. "Ich interessiere mich für alles, was es an schriftlichen Quellen und Unterlagen zum Thema Fleisch und Eichsfeld gibt", sagt er. "Es ist ein kleines, aber sehr interessantes Hobby." 

Einmal, so erzählt er, habe er, als die Genossenschaft nach der Wende aufgelöst wurde, alte Protokollbücher wieder aus dem Müll geholt. Im Jahr 1952 hatte sich die Liefergenossenschaft in Dingelstädt gegründet. Er bittet darum, wer noch etwas zu seinem Themengebiet auf dem Dachboden oder im Schrank hat und nicht weiß, was er damit anfangen soll, ihm die Dinge zu bringen. "So etwas darf nicht verloren gehen." Und was er selbst nicht braucht, bringt er ins Heiligenstädter Archiv. 

Silvana Tismer / 26.07.14 / TLZ 


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