Repariertes Modell der Jakobuskirche Uder wieder beim Festumzug dabei

Uder (Eichsfeld). An der Wetterfahne des 54 Meter hohen Kirchturms der katholische Pfarrkirche "St. Jakobus der Ältere" in Uder macht sich dieser Tage Seppl Trümper zu schaffen. Der 74-Jährige benötigt dazu weder ein Gerüst, noch wird er von einem Hubschrauber aus abgeseilt. 

 Großes Aufsehen erfuhr das Modell der St- Jakobuskirche beim Uderaner Festumzug am 2. Juli 1989. Foto: privat 

Ihm genügt eine normale Stehleiter, um hier Reparaturarbeiten durchzuführen. Denn "seine St. Jakobuskirche" misst nur in der Höhe 4,10 Meter und ist ein detailgetreuer Nachbau in Miniaturausgabe. 

Die Urkirche in Uder soll um 1100 entstanden sein, die von Seppl Trümper vor 26 Jahren. "Wir saßen 1988 in gemütlicher Runde im damaligen FDGB-Heim, und suchten nach Motiven für den Festumzug zur 900-Jahrfeier ein Jahr später in Uder. Da wurde die Idee geboren, unsere katholische Kirche als Modell nachzubauen und im Umzug mitzuführen", erinnert sich Seppl Trümper. Und: "Als es darum ging, wer diese Arbeit ausführen soll, richteten sich alle Blicke auf mich. Als Werkzeugmacher kannst du das, hieß es. Plötzlich war ich dazu verdonnert." Aber der eingefleischte "Ossenritter" nahm das Vorhaben sofort ernst. 

Noch in der Nacht begann die Vermessung

Seppl Trümper setzte diese Aufgabe gleich in die Tat um. "Noch in der selben Nacht habe ich auf dem Heimweg die Grundrisse der Kirche mit einem Zollstock ausgemessen", berichtet er schmunzelnd. Und am nächsten Tag begann die knifflige mathematische Aufgabe, die Kirchenmaße in einem Maßstab nach etwa 1:10 umzurechnen. Auch die Balkendicke und die Fassadengliederung musste mit einbezogen werden. Als Vorlage dienten ihm später aber auch das Aquarell in der alten Uderaner Ortschronik von Bernhard Siebert, ein im Jahre 1632 entstandenes gemaltes Bild. 

Es wurden neue Zeichnungen angefertigt, der Bauplan erstellt und Materialanforderungen erörtert. Am Ende war das Uderaner Gotteshaus mit Kirchturm und Wetterfahne 4,10 Meter hoch und das Kirchenschiff 2,10 Meter lang und breit. Es ist das Abbild der Jakobuskirche aus dem Jahre 1908, denn danach wurde das Kirchenschiff vergrößert, da das Gotteshaus aufgrund der stark gestiegenen Einwohnerzahl für die Leinetalgemeinde zu klein wurde. 

Unterstützt wurde er in einigen Fragen auch von den Handwerkern Edgar Zinke aus Arenshausen und Herbert Dreiling aus Bernterode, von Kalli Kaufhold und seinem damaligen Nachbar Erich Köhler. Aber das Gros entstand aus den Handwerkerhänden von Seppl Trümper, der bereits so manches knifflige Problem als Werkzeugmacher im VEB Solidor Heiligenstadt gelöst hatte. Dort erlangte er als "Mustermacher" hohe Wertschätzung. 

Bemerkbar machte sich beim Nachbau die damalige Mangelwirtschaft in der DDR. So musste er immer wieder Zwangspausen einlegen, hat dabei das Ziel aber nie aus den Augen verloren. "Ich benötigte ja viel Holz. Das war sehr schwer zu bekommen. Aber irgendwie und irgendwo gab es immer eine Quelle, die mich versorgte. Manches Mal war ich überrascht, wenn das Material plötzlich da war", erinnert er sich schmunzelnd. 

Gesamte Freizeit in den Kirchbau investiert

Selbst die benötigten Nägel waren eine Rarität. "Um die musste ich auch öfters kämpfen", weiß er noch. Fast seine gesamte Freizeit investierte er in den Bau der Miniaturkirche. Alles unentgeltlich und ohne Stundenabrechnung. Pünktlich zum Festumzug der Uderaner 900-Jahrfeier am 2. Juli 1989 war das Bauwerk perfekt, wurde auf einem Tieflader verbaut und im Festumzug natürlich mitgeführt. Und entsprechend bestaunt. Aber es gab gegenüber dem Original eine Abweichung, denn zwischen Turmstumpf und -haube ist ein Scharnier, um die Kirchtumspitze umknicken zu können. 

"Wegen der zum Teil niedrigen Durchfahrten beim Transport und beim Festumzug war dies unbedingt erforderlich", berichtet Seppl Trümper. "Das war mein damaliger persönlicher Beitrag zum Ortsjubiläum meiner Heimatgemeinde", betont bescheiden Seppl Trümper. Ein Dankeschön-Präsent bekam er dennoch von der Gemeinde: Einen Bierhumpen mit dem eingravierten Uderaner Ortswappen! 

Nach dem Festumzug im Juli 1989 stand die Jakobuskirche in kleiner Ausführung noch einige Wochen als Anschauungsobjekt auf dem Trümperschen Privatgrundstück. Dann wurde es zur Aufbewahrung in die Scheune von Lothar Weinrich in die Schmiedegasse verbracht und "eingemottet". Nun, 25 Jahre später, erlebt das Modell eine Renaissance. Denn in Uder steht in wenigen Wochen, am 27. Juli, der Festumzug zur Uderaner 925-Jahrfeier an. Und die Kirche wird sicherlich wieder am Anfang des Umzuges zu bestaunen sein und wieder viele neue Freunde oder auch Verehrer finden. Und vermutlich wird sie danach wieder an einen zentralen Ort zu bestaunen sein. 

Kleinere Schäden werden dieser Tage repariert

Seppl Trümper nimmt eine Auffrischung des vor 25 Jahren entstandenen Modells der Jakobuskirche vor. Foto: Harald Mühlenbeck 

"Es mussten nach der langen Einquartierung einige Restaurierungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt werden", berichtete Seppl Trümper. Die farbliche Überarbeitung wurde vom örtlichen Malerbetrieb Marco Gümpel unterstützt. In wenigen Tagen wird damit begonnen, die Miniaturkiche auf den Festwagen mit Unterstützung des Bauhofes der Gemeinde Uder zu installieren. "Einen Fehler habe ich aus heutiger Sicht damals beim Bau allerdings gemacht", gibt Seppl Trümper unumwunden zu. Und er verrät auch gleich, welchen: "Ich habe die Kirche in einem Stück gebaut. Heute würde ich dies mit zusammensetzbaren Modulen oder Einzelteilen tun." Es gibt sicherlich Schlimmeres. 

Er möchte einmal Platz nehmen in der Ältestenkutsche

Bevor es ernst wird, reist Seppl Trümper mit Ehefrau dieser Tage erstmals zwei Wochen in Urlaub. "Und dann freue ich mich auf unsere 925-Jahrfeier", betont er. Es ist sein drittes Ortsjubiläum, das er bei bester Gesundheit feiern wird: Zur 875- Jahrfeier 1964 war er integriert als Gemeinderatsmitglied, zur 900-Jahrfeier 1989 und zur 925-Jahrfeier heuer als Kirchenmodellbauer. 

"Danach freue ich mich dann schließlich auf das 950-jährige Ortsjubiläum im Jahre 2039", schaut Seppl Trümper voraus. Warum? "Dann bin ich erst 99 Jahre und möchte mein Kirchenmodell im Festumzug in der Ehrenkutsche mit den ältesten Einwohnern des Orts begleiten". 

Wir verabschieden uns nach dem Gespräch per Handschlag, und ich muss ihm versprechen, in 25 Jahren wiederzukommen. Das tue ich. Und rechne mal schnell durch, wie alt ich dann eigentlich sein werde... 

Harald Mühlenbeck / 22.06.14 / TLZ 


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